Lohnt es sich ein Ehrenamt anzunehmen?

13. Juni 2020

Als ich vor 26 Jahren in den Tennisverein eintrat, war ich mir nicht sicher, ob Tennis die richtige Sportart für mich ist. Außer einem „Schnupperkursus“ habe ich keine „professionellen“ Anleitungen bekommen. Kann man so richtig Tennis spielen lernen? Natürlich nicht! Spaß, Bewegung und Freude sowie viele nette Begegnungen habe ich bisher trotzdem gehabt.
Nach vier Jahren im Verein wurde ich gebeten, den Posten des Haus- und Platzwartes zu übernehmen. Eine verantwortungsvolle Aufgabe, weil sie die Grundlage für die Sportausübung und für alle Vereinsmitglieder und Gäste sichtbar ist. Sind die Plätze gut vorbereitet, haben die Netze, insbesondere im Punktspielbetrieb, immer die richtige Höhe, sind Unebenheiten zeitnah behoben, sind die Plätze vom Laub befreit, klappt die Bewässerung, ist der Rasen gemäht, werden die Blumenarrangements gepflegt und gegossen, funktioniert im Gebäude alles, geben die Duschen genug warmes Wasser ab, sind die Toiletten sauber, sind immer ausreichend Getränke in der gewünschten Art vorrätig, und und und. Wie man unzweifelhaft schlussfolgern kann, ein wichtiger und arbeitsintensiver Posten im Verein. Man darf da schon kein „Sensibelchen“ sein, denn nicht alle Vereinsmitglieder tragen Anregungen, Kritik (berechtigt und unberechtigt) oder Verbesserungsvorschläge in einer wertschätzenden Form vor. Das ist keine Besonderheit des Rendsburger Tennisvereins, sondern ein Umstand, der in allen Vereinen zu verzeichnen ist.
Diejenigen, die meinen, dass sie mit ihrem Mitgliederbeitrag in allen Bereichen 110 prozentige Leistung erworben haben, machen sich selbst und den „Verantwortlichen“ das Leben schwer. Jeder im Verein, der eine Vorstandstätigkeit übernommen hat, ist mit Mehrheit von den Mitgliedern gewählt worden und führt diese Tätigkeit ehrenamtlich aus. Von der vielen Zeit, die investiert wird und den damit verbundenen Kosten ganz zu schweigen. (Diesen Umstand sollte man schon einbeziehen.)

Es soll keineswegs der Eindruck erweckt werden, dass im Verein nur fordernde und undankbare Mitglieder sind. Im Gegenteil, ca. 98% (?) erkennen die Tätigkeiten ihrer Vorstandmitglieder wertschätzend an. Das habe ich auch in der Position des Vorstandssprechers, die ich die letzten sechs Jahre ausgeübt habe, häufig feststellen können. Insgesamt waren es 21 Jahre verantwortungsvolle ehrenamtliche Tätigkeit für den ältesten Tennisverein Schleswig-Holsteins. Eine Gelegenheit, sich bei allen Unterstützern zu bedanken.
An dieser Stelle taucht natürlich die Frage auf, warum habe ich das denn überhaupt gemacht? Hat es sich gelohnt? Ja, ich habe es sehr gerne gemacht und es hat sich auch gelohnt. Ich denke, sowohl für den Verein, als auch für mich.
Meine grundlegende Überzeugung, die ich von Kind auf selbst durch verschiedene ehrenamtliche Tätigkeiten erkannt und erlebt habe, ist, dass eine Gesellschaft ohne Vereine, Gemeinschaften oder sonstige Zusammenschlüsse ganz arm wäre und auch nicht funktionieren würde. Selbst, wenn der Staat einiges abnehmen würde – wenn er es denn wollte – würde es nicht wie in einem Verein funktionieren.
Grundsätzlich sind die meisten Menschen bereit, sich auch zu engagieren. Das hat uns in großer Breite die Flüchtlingswelle oder zurzeit die Corona Krise gezeigt. Sicher ist in diesen Bereichen das sich Einbringen anonymer, nicht immer so verbindlich und auch nicht von so langer Dauer wie ein Vorstandsposten in einem Verein, aber die grundsätzliche Bereitschaft des Einbringens ist vorhanden. Dieses Potential muss sich ein Verein zu eigen machen und seine Mitglieder überzeugen, dass Verantwortung zu übernehmen, gut und wichtig ist. Ich habe es auch als Ehre betrachtet, von der Mehrheit der Mitglieder für mein Tun und Handeln getragen zu werden. Darüber hinaus habe ich immer wieder die Erfahrung gemacht, dass man selbst sehr daran partizipiert, mit einem Amt wächst und sich entwickelt, Freude daran hat, Menschen kennen zu lernen, denen man sonst nie begegnet wäre und auch Menschen von einer ganz anderen Seite kennen zu lernen, nie geglaubte Kompetenzen erkennt und seine eigenen Erfahrungen erheblich erweitert.
Ich habe Freude an meinen Ämtern gehabt und es als Wertschätzung und Ehre empfunden, für einen Verein, für diesen Verein, dem Rendsburger Tennisverein von 1894 e.V., tätig gewesen zu sein (sein zu dürfen) und ermuntere gerne meine Vereinskameradinnen und -kameraden, sich für ein Amt in der Gemeinschaft zur Verfügung zu stellen.

In diesem Sinne wünsche ich Allen gute Gesundheit und, so weit wie möglich, ein sportlich erfolgreiches Jahr 2020.

Euer
Manfred Marschall

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